Nicole König durfte sich für euch an den Worten von Elke Büchner versuchen. Wir hoffen es gefällt euch.
Krippenspiel, Weihnachtsbaum, Weihnachtsmarkt, Adventskranz, Geschenke
Joshua schob den schweren, roten Samtvorhang ein Stück zur Seite und linste durch den kleinen Spalt in das Innere des Zuschauerraums. Er atmete tief ein und aus, als sein Blick auf die beiden reservierten Plätze fiel, wovon einer jedes Jahr leer blieb.
„Hey, kleiner Mann, du musst dich noch umziehen“, flüsterte ihm eine vertraute Stimme zu. Diese gehörte Joshuas Lieblingslehrerin Mrs Hampton, die dieses Jahr für das Krippenspiel in der Schule zuständig war. Doch er konnte sich nicht rühren, während sich der Saal vor ihm, mehr und mehr füllte. Familienangehörige nahmen Platz, um ihre Kinder auf der Bühne zu bewundern. Und dieses Jahr, durfte Joshua den Josef spielen. Eine Ehre, die nur besonders talentierten Kindern zu Teil wurde. Aber selbst das konnte den erfolgreichsten Anwalt Londons, Joshuas Vater, nicht dazu bringen, sich frei zu nehmen, um seinen achtjährigen Sohn aus dem Publikum zu unterstützen. Seitdem seine Mum vor vier Jahren starb, war sein Dad mit der Arbeit verheiratet und die einzige Person, auf die sich Joshua verlassen konnte, war seine rundliche Haushälterin Mildred, die auch gleichzeitig das Babysitten übernahm. Mildred hatte keine eigenen Kinder, war Anfang fünfzig und hatte noch nie eine einzige Schulaufführung versäumt. Sie war es auch, die mit dem kleinen Mann den Weihnachtsbaum kaufte, mit ihm auf den Weihnachtsmarkt ging oder den Adventskranz fertigte. Lange schon glaubte er nicht mehr an den Weihnachtsmann, wusste er doch, dass Mildred es ist, die seine Geschenke besorgte.
„Wird er wieder nicht kommen?“, fragte Mrs Hampton mitfühlend.
Ohne sie anzusehen, schüttelte er den Kopf. Seine Niedergeschlagenheit war spürbar, sodass sie den Arm um den kleinen Joshua legte. Schon immer war er der sensibelste Junge der Klasse, der es einmal weit bringen wird, dessen war sich die engagierte Lehrerin sicher. Umso weniger konnte sie verstehen, warum Edward Cavendish sich so wenig um seinen Sohn kümmerte. Mit sanftem Druck schob sie ihn in Richtung Umkleide und spähte selbst für einen kurzen Augenblick hinaus.
„Ist Joshua traurig?“, fragte Lesly, Joshuas beste Freundin und Klassensprecherin.
„Ja, sein Dad wird wieder nicht kommen“, antwortete die Lehrerin leise.
Daraufhin schmunzelte Lesly.
„Das glaube ich nicht.“
Überrascht drehte Mrs Hampton sich zu der jungen Dame um, die bereits in ihrem Maria-Kostüm vor ihr stand.
„Was hast du ausgeheckt?“
Jetzt druckste Lesly ein wenig herum.
„Sein einziger Weihnachtswunsch seit Jahren ist, dass sein Vater zum Krippenspiel in der Schule kommt. Deswegen hat die Klasse seinem Vater einen Brief geschrieben und ich habe ihn mit meiner Mum zusammen seiner Sekretärin gegeben.“
Triumphierend blickt die kleine Schülerin ihre Lehrerin an.
„Und du meinst, ein Brief kann ihn umstimmen, wenn es sein Sohn nicht schafft?“
„Ja!“
Mrs Hampton merkte, dass mehr dahintersteckte und hakte nach.
„Und warum meinst du das?“
„Weil ich ihm geschrieben habe, dass wir so lange mit dem Beginn des Krippenspiels warten, bis er da ist. Und falls er nicht kommt, das Krippenspiel ausfällt“, führt Lesly schelmisch aus, drängt sich an der Lehrerin vorbei zum Vorhang und schaut nach draußen, dreht sich dann triumphierend um und deutet auf den Spalt. Als Mrs Hampton nach draußen schaut, traute sie ihren Augen kaum. Da sitzt Mildred, die Bezugsperson von Joshua und sein Vater.
„Du hast wirklich ein Wunder bewirkt. Weiß er es schon?“
Verlegen blickt Lesly nach unten.
„Nein, das ist mein Weihnachtsgeschenk für ihn.“
Für Dich, manchmal braucht es nicht viel, um einem geliebten Menschen eine Freude zu machen. Oft sind die teuersten Geschenke nicht wichtig, so lange man Zeit schenkt und Aufmerksamkeit. Es muss nicht sein, dass man stundenlang in der Küche steht, um das perfekte Weihnachtsessen zuzubereiten oder das man durch die Straßen hetzt, um den schönsten Baum zu bekommen. All das ist nicht wichtig, wenn man mit den Menschen zusammen ist, die einem wichtig sind. In diesem Sinne, wünsche ich euch ein besinnliches Weihnachtsfest.