Hallo, ihr Freunde von Sansibär!
Heute gibt es eine neue Geschichte, zum Lesen und für die, die lieber zuhören, auch erzählt.
Wir haben uns Mühe gegeben.
Ich kuschelte noch an seinem Hals, als er grummelnd den Arm unter der Decke hervor zog, und in der Luft herumtastend nach der Stehlampe suchte. War das wirklich schon der Morgen, wir hatten uns doch gerade erst schlafen gelegt?
»Sansibär, grrk, wir müssen aufstehen. Der Abend war gestern zu lang.«
Ich blinzelte, schaute mich um. Das Hotelzimmer, die Mädels, mir wurde übel bei dem Gedanken. Bei meinem Anblick aufschreiende Weiber sind nicht das, was ich mir wünsche!
Spät ins Bett, klar, wenn der Depp vor dem Rechner hängt, Geschichten schreibt und zwischendurch immer auf Facebook mit Frauen flirtet!
»Ich gehe mal ins Bad.« Er stand auf und schlurfte zum Waschbecken.
Unauffällig folgte … quatsch, das ist ja kein Krimi. Ich lief hinterher und sah, dass er vor dem Spiegel seine Tränensäcke massierte. Dann sprühte er sich aus einer Dose so ein stinkendes Zeug unter die Arme. Ihh gitt! Deodorant nannten die Menschen das. Warum benutzten sie das, und verpesteten damit die Luft?
»Ich geh mal einen Kaffee holen.«
Er sah immer noch nicht frisch aus. Nun ja, ein alter Mann!
Mit der Kaffeekanne in der Hand und einem strahlenden Lächeln im Gesicht kam er zurück. Erholen sich die beim Gang zur Rezeption?
»He kleiner, die Sonne scheint. Das wird ein toller Tag! Schon aufgeregt?«
»Nein, warum sollte ich? Du willst mich ein paar Autorinnen vorstellen. Die sind bestimmt erfreut, eine Ratte zu treffen. Das ist ja nichts besonderes! Das steht ja draußen auf dem Blechschild, Ungeziefer als Zuhörer erwünscht!«
»Nun mach mal halblang, du bist kein Ungeziefer, sondern mein Freund! Bald auch der von ihnen, glaub mir!«
»Trink deinen Kaffee! Lass uns ins Ungewisse aufbrechen!«
Er überprüfte seine Tasche. »Fotoapparat, Filmkamera, schwarzes Buch, Stifte, alles drin«, murmelte er vor sich hin.
Im Auto klappte er zuerst die Sonnenblende herunter. »Die blendet mich«, meinte er. Heute fuhr er direkt zum Kino. Vor der Tür standen zwei Frauen und rauchten. Ich kroch tief in mein Versteck. Er hatte wirklich den Schal umgelegt. Kuschelig war es hier.
Drinnen angekommen, setzte er sich in die erste Reihe und baute den Fotoapparat auf. Auf den langen Tischreihen lagen Karten und kleine Hefte.
»Was sind das für Sachen«, fragte ich neugierig.
»Das sind Autogrammkarten und Leseproben. Die Gäste wollen was mitnehmen. Das ist eine Lebensweisheit für Autorinnen. Gib den Besuchern was Besonderes mit für zu Hause.«
Eine der Leseratten, die als Zuhörer im Saal saßen, schaute irritiert zu mir. Sagte zwar nichts, aber eilte zu ihren Freundinnen, tuschelt aufgeregt und lugte immer wieder zu uns rüber.
Ich hielt mich lieber versteckt. Das hier würde wohl zu einem Hörspiel werden.
Eine Andere ging mit einem bunten Buch nach vorne. »Schreibt ihr mir was ins Autoren-Poesiealbum?«
»Aber gerne doch, du bekommst auch ein Originalautogramm. Das Stempelkissen haben wir daheim gelassen. Wie heißt du denn?«
»Eusebia! Oma, der Namensgeber, fand den toll, hat mir meine Mutter erzählt.«
»Das ist ein schöner Name, ich wollte die Pandabärin in der Geschichte zuerst so nennen. Dann gefiel mir Weißauge doch besser!«
»Das waren so viele Worte, die ich nicht verstand. Da hatte er mir nachher einiges zu erklären.«
Jetzt begann die Vorstellung. Die Autorinnen lasen aus ihren Büchern. Ich hörte gespannt zu. Immer wieder wurde an besonders lustigen Stellen gelacht. Den Zuhörern machte es, Spaß, das war klar. Eine erzählte von einem Surfergirl. Surfen kannte ich nur aus dem Netz! Lebte die online? Nein, Meer, Wasser und Strand! Das musste was anderes sein. Puuh, das mag ich nicht.
Am Ende gab es ein großes Durcheinander. Sie verkauften ihre Bücher und schrieben nette Worte hinein.
Als alle Besucher gegangen waren, räumten sie auf. Mein Boss half mit, so gut es ging.
»Gehen wir noch einen Kaffee trinken?« Die Frau, die das hier organisiert hatte, schaute fragend in die Runde.
»Unser Zug fährt erst in zwei Stunden. Kommst du mit?«
Er grummelte etwas vor sich hin.
»Warum trägst du eigentlich diesen Schal?«
Ich machte mich ganz klein, bereit, in seinem Hemd zu verschwinden.
»Da verbirgt sich mein Freund vor euren Blicken. Er möchte nicht, dass ihr anfangt zu schreien.«
»Eine Spinne?«
»Nein,keine Spinne. Zeig dich, Sansibär.«
Ich streckte die Nase heraus und schaute mich um.
»Och, ist der süß!«
»Kann ich den streicheln?«
»Da fragt ihn ihn am besten selbst.«